Rohfaser
Kategorie: Nährstofflexikon |
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Definition: Was genau ist Rohfaser?
Rohfaser (Syn. Ballaststoffe, Faserstoffe) bezeichnet eine heterogene Gruppe unlöslicher Zellwandbestandteile. Hierzu zählen bspw. Zellulose, Hemicellulose, Lignin und Pektine. Die Art der Zusammensetzung dieser unterschiedlichen Rohfaserfraktionen ist von Futtermittel zu Futtermittel verschieden. Sie bestimmt deren Verdaulichkeit für die Tierarten, die in der Lage sind, Rohfaser im Blinddarm mikrobiell aufzuschließen und hierüber den Hauptanteil ihres Energiebedarfs zu decken. Im Dünndarm ist Rohfaser so gut wie nicht verdaulich. Darüber hinaus spielt sie eine entscheidende Rolle zur Regulierung der Darmtätigkeit und trägt damit zur Erhaltung der Darmgesundheit bei.
Die Versorgung von Heim-, Hobby- und Haustieren mit Rohfaser erfolgt mithilfe pflanzlicher Futtermittel. Den individuellen Rohfaserbedarf von Hund, Katze, Pferd, Kaninchen und Co. gilt es über die passende Futterrezeptur bzw. Rationsgestaltung zu decken.
Funktionen von Rohfaser im Körper von Heim-, Hobby- und Haustieren
Die tierartübergreifende Funktion des Nährstoffs Rohfaser ist die Stabilisierung der Darmtätigkeit. Sie unterstützt eine gesunde Darmflora, kurbelt die Bewegung des Darms an und fördert so die regelrechte Verdauung. Das sichert die optimale Nährstoffausnutzung und führt am Ende des Verdauungsprozesses zu einer optimalen Kotbeschaffenheit.
Dabei besitzen die einzelnen Rohfaserfraktionen unterschiedliche Funktionen. Je nach Konzentration wirken sie abführend (z. B. Pektine) oder verstopfend (z. B. Lignin).
Für „Blinddarmverdauer“ hat Rohfaser einen anderen Stellenwert: Pferden, Kaninchen und Nagern liefert sie einen Großteil der täglich benötigten Energie. Sie sind in der Lage, über mikrobielle Fermentation im Blinddarm die Faser aufzuschließen und die dabei entstehenden Fettsäuren für die Energieversorgung zu nutzen. Das ist auch der Grund dafür, weshalb ihr täglicher Rohfaserbedarf deutlich über dem von z. B. Hunden und Katzen liegt.
Wie hoch ist der Bedarf an Rohfaser bei Hund, Katze, Pferd und Co.?
Die Fähigkeit, Rohfaser zu verdauen, unterscheidet sich je nach Tierart. „Blinddarmverdauer“ wie Pferde, Kaninchen oder Meerschweinchen sind optimal auf die Verdauung von Faserstoffen ausgerichtet. Über die Blinddarmbakterien können sie die Rohfaser im Futter gut verwerten. Für eine bedarfsgerechte Energieversorgung und zur Absicherung einer stabilen Verdauung und regelmäßigen Darmtätigkeit sind Blinddarmverdauer zudem auf einen bestimmten Mindestanteil Rohfaser in der täglichen Fütterung angewiesen. Diesen decken sie über die kombinierte Fütterung aus strukturierter Faser (z. B. mithilfe von Raufutter wie Heu) und Ergänzungsfutter (z. B. Müslis oder Pellets).
Achtung Verwechslungsgefahr: Rohfaser vs. strukturierte Faser
Bei Rohfaser handelt es sich chemisch gesehen um eine Nährstoffgruppe. Hingegen beschreibt der Begriff „strukturierte Faser“ den haptischen Zustand eines Futtermittels, dass das Kaubedürfnis befriedigen soll (z. B. Heu). Über die tägliche Versorgung mit strukturierter Faser wird auch ein Großteil des Rohfaserbedarfs gedeckt.
Beispiel: Ein Großpferd sollte pro Tag ca. 9 kg Raufutter (strukturierte Faser aus Heu) erhalten. Dies entspricht der Empfehlung von mind. 1,5 kg Heu/100 kg Körpergewicht und Tag. Heu enthält ca. 25 – 30 % Rohfaser. Das entspricht einer täglichen Rohfasermenge von ungefähr 2,5 kg.
Hunde oder Katzen hingegen können Rohfaser nur schlecht bis gar nicht verwerten. Dennoch sind Ballaststoffe auch für sie wichtig. So benötigen Hunde und Katzen weitaus weniger Rohfaser in ihrem Futter als Pferde, Kaninchen oder Meerschweinchen. Alleinfutter für Hunde und Katzen sollten beispielsweise einen Rohfasergehalt zwischen 2-4 %, Feuchtfutter zwischen 0,5-1 % besitzen.
Rohfaser-Überversorgung – geht das?
Von einer Überversorgung mit Rohfaser spricht man eher selten. Ausschlaggebend ist eher die Zusammensetzung der Rohfaserfraktionen. So führt zum Beispiel ein zu hoher Anteil des schwer verdaulichen Lignins in der Gesamtration (z. B. aufgenommen über zu hohe Mengen Stroh) bei Pferden zur Trägheit der Darmbakterien. Dies kann bei Pferden im weiteren Verlauf zu einer Verstopfungskolik führen.
Bei Hunden und Katzen empfiehlt es sich den angegebenen Richtwert nicht zu überschreiten. Ein Übermaß an Rohfaser kann bei ihnen zu Einbußen bei der Verdaulichkeit führen. Das bringt zudem einen vermehrten Kotabsatz mit sich.
Rohfaser-Mangel: Das sind die Folgen einer Unterversorgung bei Hund, Katze, Pferd & Co.
Für Pferde, Kaninchen und Meerschweinchen ist Rohfaser die bedeutendste Nährstoffgruppe und somit lebenswichtig . Energetisch gesehen, lässt sich nur ein kleiner Teil des Gesamtenergiebedarfs über lösliche Kohlenhydrate (z. B. Stärke) und Fette decken. Eine dauerhafte Unterversorgung mit Rohfaser führt bei den Blinddarmverdauern zu chronischen Darmerkrankungen bis hin zu lebensbedrohlichen Verdauungsstörungen. Auch bei Hunden und Katzen können zu geringe Rohfasergehalt im Futter zu Darmbeschwerden wie Blähungen, Darmerkrankungen und Verstopfung führen.
Weiterführende Links
- Siehe auch den Beitrag „Rohfaser“ im Mischfutterlexikon auf www.deuka.de.
Quellen
Von Engelhardt, Wolfgang et al. (2015): Physiologie der Haustiere, 4. Aufl., Stuttgart, Deutschland: Enke.
Kirchgeßner, Manfred (1997): Tierernährung, 10. Aufl., Deutschland, Wien: Verlags Union Agrar.